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Home > Specials > Kritiken > Patrick Süßkind: Das Parfum
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Beitrag: Patrick Süßkind: Das Parfum  (Gelesen 33326 mal) Drucken
 
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Patrick Süßkind: Das Parfum
« am: 28.01.2010, 07:04:45 »

Brutal ist es, dieses Paris. Brutal und schmutzig. Und es stinkt!



Es stinkt so sehr, dass eine Fischverkäuferin fünf mal Schwanger sein kann und bei der Niederkunft das Kind einfach zwischen die abgeschnittenen Fischköpfe fallen lassen kann bis es verreckt. Oder nein, doch nicht. Beim fünften von diesen "Dingern" ging es der rau schlecht. Sie wurde ohnmächtig und schon kamen sie alle herbei gelaufen. Doch schnell ging es ihr besser und alle waren beruhigt - wenn da nicht dieser markerschütternde Schrei gewesen wäre. Er kam von dem Ding, denn dieses Ding wollte leben. Die Fischhändlerin war fassungslos, dass es tatsächlich lebte und berichtete den Gendarmen sogar, dass sie die anderen vier auf die gleiche Art behandelt hatte. Die schrien aber nicht und so verreckten sie, was die Kindsmörderin wenige Tage später an den Galgen brachte.

Doch Jean-Baptiste Grenouille schrie, Jean-Baptiste Grenouille lebte und begann nun seine Odyssee von einer Amme zur nächsten. Er trank zu viel und das war unökonomisch für die Damen. Und ... und er roch nicht. Natürlich, das wessen er sich entledigte roch durchaus. Aber er selbst roch nicht. Dieses Kind roch einfach nicht. Und keine wollte den "Teufelsknaben". Keine bis auf Madame Gaillard. Denn Madame Gaillard störte sich nicht daran, sie hatte als Kind von ihrem Vater einen Schürhaken auf den Kopf bekommen und den Geruchssinn verloren. Dafür brachte sie den kleinen Jean-Baptiste durch bis die Kirche nicht mehr für ihn zahlte. Dann kam er zu einem Gerber, als Hilfe, nicht als Geselle. Als einer, dessen Tod kaum jemand bemerkt hätte. Madame Gaillard hingegen, die sich immer davor gefürchtet hatte, zusammen mit all den anderen Alten im Sterbezimmer zu krepieren so wie ihr Mann. Madame Gaillard musste 90 Jahre werden und eine Revolution überleben, bis sie der Herrgott endlich zu sich holte - natürlich aus einem Sterbezimmer mit 50 Sterbenden heraus.
     

Nur, was wollte Jean-Baptiste? So richtig sprechen konnte er nicht. Die Menschen waren ihm zu wider. Klar, er hatte eine unbändige Gesundheit und überlebte Krankheiten, die sonst niemand überlebt hätte. Doch das war nicht alles. Stunden und Tage lief er durch Paris und schnupperte und schnüffelte. Er erroch sich seine Welt. und das war nicht übertrieben. Jean-Baptiste konnte in finsterer Nacht in einen tiefen Keller hinabsteigen - ohne jede Fackel - und genau die richtige Flasche Wein aus dem Regal holen ohne auch nur irgendwo anzustoßen. Er wusste wie Glas roch oder ein schönes Mädchen. So wie das, welches er bei diesem Feuerwerk erdrosselte um ihren betörenden Geruch in sich aufzunehmen. Diesen Duft wollte er, er musste ihn haben. Er musste Parfümeur werden, der größte Parfümeur der Welt!

Und so geschah es. Als es bei Parfümeur Baldini eine Besorgung zu machen gab war Grenouille sofort zur Stelle. Der alternde Mann wollte sein Geschäft schon aufgeben und ließ diesen Lausebengel nur sein erstes Parfum mixen um ihm eine Lektion zu erteilen. Doch das, was Grenouille da zusammengemischt hatte roch genau so wie er es zuvor angekündigt hatte. Und nein, besser. Über Nacht liefen Baldinis Geschäfte wieder und er kaufte dem Gerber seinen Laufburschen für eine große Summe ab. Aber Grenouille war es wert, jeden Sou war er wert. Tag und Nacht saßen beide in Baldinis Labor und Grenouille kreierte einen sensationellen Duft nach dem anderen und nichts mehr war vorhanden von seiner ungeschlachten Art und Weise. Bald experimentierte Grenouille nicht mehr. Er schrieb nur noch das Rezept für einen Duft auf ein Stück Papier. Der Gerber hingegen war von seinem Geschäft, welches er mit Baldini gemacht hatte so mit Glück überhäuft, dass er die ganze Nacht durchzechte - und am Morgen nicht wieder erwachte.

Eine lange Einleitung, sicher. Doch beginnt dieser Roman damit behutsam? Eher nicht. Neben der Geschichte des Mörders Grenouille ist das Parfum ein zu Beginn auch und gerade ein Roman mit einer Stadt in der Hauptrolle, mit einer Stadt und seinen Bewohnern, die allesamt zuerst sich selbst und dann lange Zeit gar nichts sehen um anschließend genau dann von Süßkind hingerichtet zu werden, wenn sie sich am Ziel ihrer Wunsche wähnen. Das Prinzip zieht sich durch den Roman - bis zu Letzt. Ja, auch Baldini wird das Buch nicht überleben, doch diese Geschichte sollte sich jeder selbst und in möglichst stillem Kämmerlein lesend erschließen.

Der Roman verstört. Er ist sicher nichts für zartere Gemüter. Er zeigt den menschlichen Abgrund mit dem es Grenouille schon bei seiner Geburt zu tun bekommt und der ihn bis zu seinem Tod begleitet. Und das, obwohl er überaus erfolgreich ist. Obwohl er alles, was er wollte auch bekommt - doch nichts versöhnt ihn mit den Menschen.

Dieses Buch ist inzwischen so alt, dass man es getrost als ein Stück Weltliteratur bezeichnen kann. Sicher, man mag Süßkinds Auswahl dessen, was er für erzählenswert hält kritisieren. Doch schafft er es sehr gut, ein gesundes Mittelmaß zwischen einer comichaften Handlungswut, die viele Texte dieser Zeit befällt und dem alten Zutodebeschreiben der so genannten Altmeister zu finden. Somit lesenswert aber nichts für die Freunde von Liebe und Trieben.


Stichworte: Patrick Süßkind, Das Parfum, Buch, Roman, Mord, Paris
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 Ein Beitrag von: hell  Profil anzeigen    facebook  twitter  google+  
Nordlicht
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« Antwort #1 am: 28.01.2010, 14:36:49 »
Hm, was soll ich sagen? Ich hab das Buch gelesen. Das Buch ist gut, sehr gut sogar.

Allerdings ist es anders, als diese gehaltvolle Inhaltsangabe vermuten läßt... es ist geradliniger. Es dreht sich um Grenouille und seine Sicht der Welt, sein Unvermögen zu lieben, zu trauern... seine Welt ist einzig und allein der Duft.
Das Buch ist ein spannender Krimi, aus der Sicht eines Mörders, der das Unrecht seiner Taten nicht begreifen kann, weil er so anders ist als alle anderen.
Der Autor versteht es meisterlich, Grenouilles Streben in Szene zu setzen und schafft es, selbst scheinbar langweilige Szenen spannend darzustellen. Man wird mitgerissen, obwohl man den Hauptcharakter nicht verstehen kann. Dass man ihn verstehen will, macht das Lesen des Buches nur umso intensiver. Das ungewöhnliche Ende ist dabei das Sahnehäubchen.

Wie gesagt, es ist ein sehr gutes Buch. Absolut lesenswert aus meiner Sicht.
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hell

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« Antwort #2 am: 29.01.2010, 20:28:04 »
lesenswert: sicher

Aber so stringent ist die Handlung nicht. Es ist auch eine Menge Beschriebung bei, hauptsächlich Paris, aber lange nicht nur.
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tillongi
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« Antwort #3 am: 04.02.2010, 22:36:43 »
Lesenwert auf sicher, ich habe es verschlungen insbesondere weil es eben nicht ein Krimi ist oder Thriller wie jeder andere!
Die Lebensgeschichte ist schon was besonderes und die Art und Weise des Endes auch!
Auch die Verfilmung ist sehr gelungen. Ist sogar schon in den deutschen Schulklassen ein Pflichtroman.
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ja malinki angel

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« Antwort #4 am: 04.02.2010, 23:06:35 »
das isses, was ich an dem Buch etwas komisch finde. Dass es so überaus erfolgreich war. Süskind hat ein sehr gutes Buch geschrieben - sicher. Er hat sich auch Thematisch mal etwas neues einfallen lassen - sicher. Psychothriller oder allgemein Psychogeschichten kommen bei vielen gut an - sicher.

Aber eigentlich gibts da Bücher, die noch etwas mehr bieten
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Nordlicht
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« Antwort #5 am: 05.02.2010, 22:55:50 »
Ich würde sagen, der Reiz des Romans liegt im außergewöhnlichen Thema...

Aber welche Romane haben denn mehr zu bieten? Augenzwinkern
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« Antwort #6 am: 06.02.2010, 13:12:23 »
Na in einem ähnlichen Ambiente beispielsweise "Tod und Teufel" von 1995
Oder um Thematisch interessanter zu sein, "das Jesus-Video" von 1997

besser geschrieben und interessantere Thematik
Dafür weniger Langeweile
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« Antwort #7 am: 06.02.2010, 23:32:03 »
... Langeweile

Dem kann ich nur zustimmen. Ich konnte/kann den Hype um "Das Parfüm" nicht verstehen.
Sicher, die Geschichte um das Leben des Jean-Baptiste Grenouille hört sich interessant an, aber ich fand das Buch langweilig geschrieben und musste mich immer etwas zwingen um weiter zu lesen. Vielleicht waren auch meine Erwartungen an das vielgelobte Buch zu hoch.  Keine Ahnung
Auch die Verfilmung hat mich nicht vom Hocker gerissen. Ich werde mir den Film (freiwillig  *pfeiff*) kein zweites Mal anschauen.  *kopfschüttel*

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« Antwort #8 am: 07.02.2010, 00:57:59 »
naja, so schlecht geschrieben ist es nicht. Aber eben auch nichts, was ganz oben an der Spitze steht
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« Antwort #9 am: 07.02.2010, 10:08:04 »
Ich kann ja nur von meinem empfinden ausgehen und ich fand es langweilig geschrieben.  Cool
Die Story an sich ist ja schon interessant. 
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hell

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« Antwort #10 am: 07.02.2010, 20:12:21 »
aso Augenzwinkern
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